Das José's

Cf.: Die Straßen Vancouvers

Ashley war froh, dass die Klatschpresse es nicht geschafft hat, Jackson zu überzeugen. Er glaubte ihr. Und er wollte es versuchen. Das erste Mal seit einer Ewigkeit keimte ein kleiner Hoffnungsschimmer in der Schauspielerin auf. Vielleicht würde es ja wirklich wieder so werden wie früher.
Schritt für Schritt.
„Schön dich wiederzusehen, Don“, begrüßte Jackson den Spanier. „Don? Ich dachte der heißt José.“, murmelte Ashley verwundert und ging dann hinter den beiden Männern in das Restaurant hinein. Es war wirklich sehr schön eingerichtet. Im spanischen Stil, doch man konnte auch sehen dass das meiste schon älter war.
Ash bemerkte, das José – oder Don – Jackson immer wieder verliebte Blicke zuwarf und ihm beim Gehen immer mal wieder zufällig berührte. Sie lächelte leicht. José schien wirklich in das Schwulen-Klischee zu passen. Seine schwarze Hose war wirklich…eng und sein Hemd war fast vollständig aufgeknöpft.
Kurz: Er war eine leuchtende Abwechslung im grauen Alltag.
Und der Inhaber des Restaurants hatte wirklich nicht übertrieben; Der Tisch stand direkt vor einem Panoramafenster; Ashley wurde das Gefühl nicht los dass er Jackson damit beeindrucken wollte.

Nachdem sie sich beide gesetzt hatten und ihre Getränke bestellt hatten, hüpfte José – Don – fröhlich davon und versicherte ihnen, dass er gleich wieder kommen würde. Jackson sah auf die Uhr und Ashley tat es ihm gleich. Sie hatten tatsächlich noch eine Dreiviertelstunde zeit, bevor die anderen eintrudeln würden.
Oder länger. Vielleicht aber auch früher. Jacksons Bandkollegen waren nicht besonders zuverlässig, wenn es um Pünktlichkeit ging. Einmal waren sie eine halbe Stunde zu spät zu ihrem eignen Auftritt gekommen.
Da war Jackson ganz anders. Er war stets pünktlich. In den drei Jahren, die sie sich nun schon kannten, kam er noch nie zu spät. Das faszinierte Ashley, denn sie kam auch öfters zu spät – vorzugsweise bei den Drehs.
Ashley beugte sich ein bisschen zu Jackson hinüber. „Heißt er jetzt Don oder José?“, fragte sie. Diese Frage hatte sie nicht mehr losgelassen.

Als der kleine Mann die Getränke brachte, prosteten sich die zwei Schauspieler zu. Fünfundreißig Minuten.
Die Brünette räusperte sich leise und setzte ein – hoffentlich - unbeschwertes Lächeln auf.
„Wohin bist du denn nach unserem… Gespräch gefahren?“

Cf.: Die Straßen Vancouvers

Jackson schmunzelte, als er Ashleys Frage hörte. „Er heißt schon José. Aber seit Jerad gesagt hatte, dass er auch gut und gerne einer der spanischen Stierkämpfer sein könnte, heißt er bei uns nur noch ‚Don’.“ Eigentlich war es ein wenig kindisch, dieser Spitzname. Doch warum musste man immer erwachsen sein? Er sah keinen Grund dazu. Es gab genug Ernsthaftigkeit im Leben, da konnte man sich den bitteren Geschmack davon durch so kleine Parodien gerne einmal versüßen.
Die spanische Musik, die im Hintergrund spielte, hatte etwas Schönes, Beruhigendes an sich. Man wurde sofort an die Sonne, das Meer und spanische Abende erinnert, schloss man die Augen. Der Kopf eines ausgestopften Stieres hing an der Wand, überall waren spanische Flaggen, das Tuch des Toreros, Bilder spanischer Strände. Und wenn man aus dem Fenster sah, konnte man die rot leuchtende Sonne untergehen sehen. Es war unbeschreiblich schön.

Als Don die Getränke brachte, warf er Jackson noch einen lasziven Blick zu und verschwand dann hinter die Theke. Er schüttelte den Kopf. José konnte es einfach nicht lassen. Er wurde von den Frauen angehimmelt. Wie auch nicht, bei der Figur. Das Südländische stand ihm gut. Doch Frauen waren nicht das, woran der gebürtige Spanier interessiert war. Und er hatte keine falsche Scheu, das auch immer wieder deutlich zu machen.
Bedeutungsvoll prosteten sich Ashley und Jackson zu und nahmen jeweils einen Schluck ihres Getränks. Wenn die Jungs pünktlich kamen, hätten die beiden noch eine knappe halbe Stunde. Doch er zweifelte daran, dass sie wirklich pünktlich kämen. Anfangs hatte es ihn genervt, doch inzwischen konnte er darüber lachen. So waren sie eben. Total chaotisch. Aber das war es, was Jackson an ihnen liebte. Sie ließen sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
“Wohin bist du denn nach unserem… Gespräch gefahren?“ Ihr Lächeln stand in einem seltsamen Kontrast zu ihrer Frage, die ein wenig besorgt klang.
„An den Strand. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.“ Ein schwaches Schmunzeln ließ die Trauer außen vor, die er immer noch empfand. Es tat gut, mit Ashley zusammen hier zu sitzen und sich halbwegs normal zu unterhalten. Auch wenn es ein wenig schmerzhaft war. Er dachte an den Strand zurück, wie er allein geübt hatte. Und an sein verloren gegangenes Script. Jackson verzog das Gesicht. Auch noch eine Sache, die er zu beichten hatte. „Und was war bei euch am Set los?“, fragte er jetzt um von den Gedanken abzulenken.

Die Zeiger der Uhr schritten unnachgiebig fort. Langsam normalisierten sich ihre Gesprächsthemen. Sie redeten über Peter und Taylor, die nicht zum Dreh erschienen sind, über die Monkeys und ihr neues Album, baldige Auftritte, den Dreh und wie sehr sie sich freuten, bald wieder mit allen zusammen zu arbeiten. Die Zeit verging schnell. Und dann standen dort drei Jungs vor ihnen, grinsend. „Na ihr zwei Süßen“, begrüßte einer der Bens sie und sie setzten sich zu ihnen – und zwar so, dass Jackson und Ashley gezwungen waren nebeneinander zu sitzen. Doch Jackson konnte nicht anders als zu grinsen. Er konnte nichts dagegen machen – diese gute Laune war eben doch ansteckend.

Ash musste schmunzeln. Don passte wirklich zu ihm. Sie konnte sehen, wie Frauen ihm nachblickten, und als er mit ein paar Männern flirtete, enttäuscht wieder wegsahen. Die meisten guten Männer waren entweder schwul oder vergeben.
Ihr Blick huschte kurz zu Jackson. Er war es nicht. Weder schwul noch vergeben.
Und tausend Mal besser als alle anderen.
„An den Strand. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.“, beantwortete er ihre Frage. Er lächelte leicht.
Ashley zog die Augenbrauen hoch. Der Strand war ziemlich weit weg. Und dass Jackson das Set verließ, war auch eine Premiere gewesen. Das hatte er noch nie getan. Sie seufzte innerlich. „Und was war bei euch am Set los?“ Die Brünette zuckte fast unmerklich zusammen. Ihr Gehirn suchte angestrengt nach einer geeigneten Umschreibung für das, was geschehen war. Sie zuckte mit den Schultern. „Hab nicht so viel mitgekriegt. Ich musste auch ein bisschen nachdenken. Allein sein.“ Im Dunkeln im Hauptgebäude. Auf dem kalten Boden… Naja, wahrscheinlich war sie gar nicht so allein. Ein paar Spinnen haben sicher unbemerkt ihre Hand gehalten. Und dann kam ja Kellan. Bis jetzt hatte er nichts gesagt.

Im Laufe des Gesprächs schafften sie es tatsächlich, ein paar unverfänglichere Themen anzuschlagen und auch über Peters und Taylors Verschwinden zu reden. Jackson erzählte, dass er und seien Band, die 100 Monkeys, bald wieder ein neues Album herausbringen würden. Ashley versprach, es zu kaufen. Ihr gefiel diese Art von Musik- sie war etwas völlig anderes als Justin Bieber oder Katy Perry. Oder auch die Musik von Glee.
Die Zeit verging wie im Flug und schon standen sie alle vor ihnen: Ben G, Ben und Uncle. „Na ihr zwei Süßen“, begrüßte Ben sie grinsend. Sie setzten sich genau so, dass Ashley zu Jackson rücken musste. Doch sie beide konnten nicht anders als breit zu grinsen. Die Fröhlichkeit der Bandmitglieder war einfach ansteckend. „Hey ihr drei, schon euch wieder zu sehen. Ihr habt ganz schön was verpasst. Don José steht eindeutig auf Jackson.“ Ashley lachte zwinkerte Don José zu, der gerade am Tisch vorbei ging. Sofort blieb dieser stehen und sah tadelnd in die Runde. „Wer lästert wird rausgeschmissen, gnadenlos! Auch wenn ich meine Peitsche rausholen muss. Und das würde ich sofort tun.“ Der typische schwule Unterton in seiner Stimme brachte Ashley noch mehr zum Lachen. Allerdings konnte sie ein ‚Das glaub ich dir sofort‘ noch unterdrücken und nah stattdessen noch einen Schluck von ihrem Wasser.

Es war schön, auch Jared wieder zu sehen. Er genoss gerade die Gesellschaft einer hübschen Krankenschwester, als die fünf in das Krankenzimmer kamen. Auch er freute sich, andere Gesellschaft zu haben, obwohl er die ‚absolut heiße Schwester‘ nicht unbedingt zu verachten schien.
Als es dann um anderen Männerkram ging, lehnte sich Ashley in ihrem Stuhl zurück und hörte nur noch mit halbem Ohr zu. Der Sonnenuntergang war atemberaubend.

Es war schon spät, als alle das Krankenhaus verließen, und so verabschiedeten sich Ben G, Ben und Uncle gleich danach.
Ein paar angetrunkene Männer riefen ihnen einige unverständliche Sätze nach, als Jackson und Ashley zurück zu Jacksons Wagen gingen. Plötzlich hörte sie Schritte hinter ihr und sie drehte sich schnell um. Vor ihr stand ein Mann, ungefähr in Jacksons Alter - nur größer und um die 50 Kilo schwerer – und grinste sie böse an. „Hallo, Schlampe. Na, schon jemand neuen zum pimpern gefunden?!“

tbc.: Das Krankenhaus

Der Abend war wundervoll. Ganz anders, als Jackson es noch vor 24 Stunden erwartet hatte. Die Stimmung war ausgelassen und Don machte seine Witze und gab ihnen noch einen aus. Es ging alles viel zu schnell vorüber. Die Jungs hatten nicht den Eindruck gehabt, dass irgendetwas zwischen ihnen war. Und es schien auch so wie immer.
Als sie Jerad besuchten, hatten sie alle den Eindruck, dass es ihm wirklich nicht so schlecht erging. In einer Woche war er wieder draußen, so gut hatte er sich geschlagen. Doch anstatt sich zu freuen, bedauerte er es eher. Er schwärmte geschlagene 15 Minuten von der ‚unglaublich heißen Krankenschwester’. Besagte Dame betrat dann auch das Zimmer und verabreichte dem grinsenden Musiker seine Medikamente. Die üblichen Kommentare folgten, als sie wieder verschwunden war „Von der würd ich mich auch gern verarzten lassen“, sagte Ben und schlug in Jerads dargebotene Handfläche. „Hab schon ihre Handynummer bekommen. Mal sehen, ob das was wird. Dass wir ja lang genug hier bleiben!“
Jackson konnte nicht anders, er behielt sein Dauergrinsen bei, fiel sogar in die Gespräche der Jungs ein. Ashley dagegen blickte aus dem Fenster und beobachtete, wie die Sonne unterging.

Es war schon dunkel, als die fünf das Krankenhaus verließen und sich trennten. Als Ashley und Jackson auf dem Weg zu ihrem Wagen waren, liefen ihnen einige betrunkenen Männer entgegen, grölten und riefen Ashley irgendwelche Obszönitäten an den Kopf. Jackson verzog das Gesicht. Er konnte diese Kerle nicht ausstehen, die sich halb ins Koma tranken und dann zum Feind einer jeden Frau wurden. Grässlich.
Am Auto angekommen wollte Jackson schon einsteigen, als ein Kerl – ungefähr so breit wie groß, vielleicht Rugbyspieler – vor Ashley halt machte und sie anmachte. Die Tatsache, dass es wieder einer diese Arschlöcher war, die potentielle Frauenschläger waren, ließ Jackson vergessen, dass dieser Kerl ihn mit einem Zeigefinger in den Boden drücken könnte. „Ich würde aufpassen, was du sagst“, antwortete er stattdessen kalt und stellte sich zwischen Ashley und ihn. Keine gute Strategie. Man konnte die Wut in den Augen des Mannes förmlich Funken sprühen sehen. „Ich rede wie und mit wem ich will, Schwuchtel!“ Noch bevor er hätte reagieren können, hatte der Schauspieler schon eine harte Faust in seinem Gesicht. Er spürte, wie seine Lippe aufplatzte und Blut über sein Gesicht lief. Von einem einzigen Schlag! Ohne wirklich nachzudenken, holte er aus und traf sein Ziel – den Magen des Kerls. Als dieser sich zusammenkrümmte, hob Jackson sein Knie und erwischte eine höchst empfindliche Stelle. Erneut hob der Kerl seine Faust, doch diesmal war Jay vorbereitet. Er duckte sich und wurde nur an der Schläfe erwischt, was zweifellos auch nicht gerade schmerzfrei war. Ein letztes Mal setzte Jackson zum Schlag an und erwischte die Nase seines Gegenübers, sodass er ihm noch irgendwelche Beschimpfungen an den Kopf warf und mit seinen Kumpels verschwand.
Als der Schauspieler sein Spiegelbild in der Autoscheibe sah, verzog er schmerzhaft das Gesicht. Er sah schlimm aus. Blut lief ihm aus der Nase und der aufgeschlagenen Lippe. Er konnte froh sein, keine Zähne verloren oder Knochen gebrochen zu haben.
Reife Leistung, *Gentleman*!
Er schüttelte den Kopf, was keine gute Idee war. Sein Kopf schmerzte. Er traute sich kaum, nach Ashley zu sehen. Er hatte sich noch nie mit irgendwem geschlagen, nicht einmal im Kindergarten. Von Kindesbein auf hatte man ihm eingetrichtert, dass das alles andere als ‚schicklich’ war. Und seine Eltern hatten ja auch recht gehabt. Daran war nichts ruhmvolles. Das einzige, womit er sich trösten konnte war, dass es ihn und nicht Ashley getroffen hatte.

Tbc.: Saint Marge Hospital